CAN Busphysik-Messungen erklärt
Unsere Messgeräte mit Physikmessung (CANobserver, CANtouch, CAN-Bus Tester 2) sind in der Lage, die Signalverhältnisse jedes CAN-Bus Teilnehmers zu messen und anzuzeigen. Aus den Ergebnissen der Signalqualität lassen sich Rückschlüsse auf eventuell vorhandene Probleme mit dem jeweiligen Teilnehmer bzw. der Busverkabelung schließen. Sie zeigen für jeden CAN-Bus Teilnehmer getrennt folgende physikalische Eigenschaften an:
- allgemeiner Qualitätswert (0 … 100 %)
- Störspannungsabstand (minimale, störfreie Differenzspannung)
- Flankensteilheit (schlechteste steigende und fallende Flanke des Telegramms)
- Oszilloskopanzeige mit Telegrammanalyse des kompletten Telegramms (nicht im CANobserver)
Das CANtouch ist darüber hinaus in der Lage, die Gleichtaktspannung zu bestimmen. Lesen Sie über diese Messung in einem eigenen Artikel.
CAN-Bus arbeitet mit einem Differenzsignal, d.h. das eigentliche Nutzsignal wird über zwei Leitungen invertiert zueinander übertragen (CAN_H und CAN_L). Die Differenz zwischen diesen beiden Leitungen bildet das Signal, welches von jedem CAN-Bus Transceiver empfangen wird. Störungen können somit die korrekte Erkennung des Bitstroms gefährden. Das CANtouch® ermöglicht die Bewertung des Differenzsignals in Form eines allgemeines Qualitätswertes, des Störspannungsabstandes und der Flankensteilheit sowie der Oszilloskopanzeige. Alle diese Messwerte werden innerhalb eines Telegramms ermittelt. Im Gegensatz zum Qualitätswert, der eine allgemeine Bewertung der Signalqualität des Busses vornimmt, stellen die Ermittlung des Störspannungsabstandes und der Flanken sowie die Oszilloskopanzeige Hilfsmittel für die gezielte Fehlersuche dar.
Störspannungsabstand
Unter dem Störspannungsabstand versteht man einen störungsfreien Bereich der Differenzspannung, der über einem bestimmten Teil jedes Bits2 der Telegramme des zu messenden Teilnehmers ermittelt wird. Dieser Teil wird als Bewertungszeitraum bezeichnet. Jedes Bit wird 64-fach abgetastet. Die Bewertung des Störspannungsabstandes erfolgt über 44/64 der Bitbreite (68 % Bewertungszeitraum). Am Anfang und Ende jedes Bits sind jeweils 10/64 der Bitbreite von der Ermittlung des Störspannungsabstandes ausgeschlossen. Signalüber- und Einschwingvorgänge sind, solange sie außerhalb des Bewertungszeitraumes liegen, von der Störspannungsmessung ausgeschlossen.
Ein Spannungseinbruch innerhalb des Bewertungszeitraumes von kleiner als 1/64 Bitzeit kann nicht mehr sicher erkannt werden und beeinflusst in diesem Fall auch nicht die Ermittlung des Störspannungsabstandes.
Flankensteilheit
Um die Übertragungseigenschaften der Busverkabelung und der einzelnen CAN-Bus Teilnehmer vollständig zu bewerten, ist neben dem Störspannungsabstand auch die Betrachtung der Flanken notwendig. Zu flache Flanken können ebenfalls die korrekte Dekodierung des Übertragungssignals verhindern.
Die Messgeräte ermitteln die Flankensteilheit getrennt für steigende und fallende Flanken. Dabei werden zwei Schwellen bei 10 % und 90 % des ermittelten Signalpegels (ermittelte Differenzspannung beim Abtastzeitpunkt) eingestellt. Die Zeit, die das Differenzsignal benötigt, um zwischen diesen beiden Spannungsschwellwerten zu wechseln, wird für fallende und steigende Flanken gemessen. Die Anstiegs- und Fallzeit wird dabei mit einer Auflösung von 1/64 der verwendeten Baudrate ermittelt und als Wert zwischen 0/64 und
64/64 angezeigt. Dieser Wert gibt stets die langsamste steigende und fallende Flanke des gemessenen Telegramms an. Ein Messwert von 0/64 bedeutet, dass der Pegelwechsel in weniger als 1/64 der Bitbreite stattfindet.
Allgemeiner Qualitätswert
Der Qualitätswert ist ein allgemeingültiger Wert für die Signalqualität auf dem Bus. Er repräsentiert die wichtigsten physikalischen Eigenschaften des Busses und fasst diese in einem Wert zusammen. Der Qualitätswert wird in Prozent angegeben. Der Wertebereich beträgt 0…100 %.
Er besteht aus folgenden drei für die Signalqualität wichtigen Komponenten:
- Flankensteilheit
Die Flankensteilheit wird in x/64 gemessen. Ein Wert von 0/64 ist eine ideal steile Flanke und wird mit 100 % bewertet. Die schlechteste Flanke wird als 32/64 definiert und repräsentiert 0 %.
- Störspannungsabstand
Ein Störspannungsabstand von 1,0 V wird als 0 % definiert – ein Wert von 2,2 V zu 100 %.
- Reflexionen
Reflexionen sind das Verhältnis des Störspannungsabstands zur Spitzen-Spitzen-Spannung. Ist die Spitzen-Spitzen-Spannung genau so groß wie der Störspannungsabstand, so ist dies ideal und repräsentiert 100 %. Wird die Spitzen-Spitzen-Spannung doppelt so groß wie der Störspannungsabstand, so wird dies zu 0 % definiert.
Alle drei Komponenten gehen zu gleichen Teilen in die Berechnung des Qualitätswertes ein.
Oszilloskopanzeige mit Telegrammanalyse
Zur Bewertung von Signalübergängen sowie zur Vermessung von Reflexionen zeichnen das CANtouch® und der CAN-Bus Tester 2 den Signalverlauf des gemessenen Telegramms auf und stellen diesen in der Oszilloskopanzeige der „Messung Teilnehmer“ dar. Die Abtastung erfolgt mit dem 64-fachen der eingestellten Baudrate über insgesamt 160 Bit. Der Triggerpunkt für die Aufzeichnung liegt mit 3 Bit Vorlauf stets auf der ersten Flanke des gemessenen Telegramms.
Hendrik Stephani
Hendrik Stephani arbeitet seit 20 Jahren an der Entwicklung von leistungsfähigen Werkzeugen zur Feldbusdiagnose.